Projekte

Untersuchungen zur Bildung und Vermeidung von Präzipitaten auf und in Rohschinken

unterstützt von der Förderergesellschaft für Fleischforschung

Forschungsziel:

Rohschinken besitzen eine feste Textur, eine rote Farbe und ein charakteristisches Aroma. Textur und Aussehen spielen für die Kaufentscheidung der Verbraucher eine große Rolle. Rohschinken werden in der Regel aus rohem Fleisch, Salz und Gewürzen hergestellt, meist unter Zugabe von Nitrit und/oder Nitrat. Die industrielle Rohschinkenherstellung beinhaltet eine Pökelung, Trocknung und Reifung sowie ein optionales Räucherverfahren. Während der Reifung und Trocknung wird die Wasseraktivität von ca. 0,93 auf 0,91 reduziert. Infolgedessen erhöht sich der Salzgehalt auf ca. 4,5 %, so dass ein haltbares Produkt entsteht. Der Entzug von Wasser während der Trocknung kann allerdings auch zu einer Übersättigung des im Produkt enthaltenen Restwassers führen, so dass Stoffe mit geringer Löslichkeit in Form von Kristallen präzipitieren können. Die Kristalle können sowohl innerhalb des Muskelgewebes als auch an der Oberfläche von langgereiften und luftgetrockneten Rohschinken gebildet werden. Ersteres verändert vor allem die Textur des Produktes, während letzteres deren Erscheinungsbild beeinflusst. Warum die Ausfällung primär an der Oberfläche oder in der Rohschinkenmatrize stattfindet, nach welchem Zeitraum sich welche Kristalle wo bilden und welche Komponenten genau beteiligt sind, ist derzeit noch weitgehend unbekannt. Tyrosin wurde allerdings als eine der Hauptkomponenten der weißen Oberflächenbeläge bzw. der Kristalle identifiziert.
Derzeit sind die Hersteller nicht in der Lage, die ablaufenden Kristallisationsprozesse zu beeinflussen, da deren Entstehungsmechanismus nicht bekannt ist. Die Kristalle bilden sich nach der Produktion bzw. während der Lagerung über längere Zeiträume hinweg. Zwar werden in südlichen Ländern große Tyrosinkristalle als Qualitätsmerkmal für eine lange Reifung beworben, in Deutschland empfinden Konsumenten derartige große Kristalle jedoch als störend. Die mit der Präzipitation verbundenen Veränderungen in Textur und Mundgefühl werden von den Verbrauchern als Produktmängel wahrgenommen und reklamiert. Auch die filmartigen weißen Beläge führen bei den Verbrauchern zur Ablehnung der Rohpökelwaren, da diese als mikrobiologische Kontamination bzw. Verderb der Produkte fehlinterpretiert werden. Die bisherigen Lösungsansätze der Produzenten, durch Veränderungen einzelner Reifeparameter, die Ausfällung der Tyrosinkristalle zu verhindern, waren nicht erfolgreich.
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die zur Kristallbildung führenden Vorgänge und deren Einflussfaktoren zu analysieren, um hieraus Handlungsempfehlungen zur Inhibierung zu erarbeiten. Die zentrale Hypothese des Vorhabens ist, dass der Ort der Entstehung, die Kinetik der Kristallnukleation und des Kristallwachstums von Stofftransportprozessen proteolytischer Abbauprodukte und Ionengradienten, die während Trocknung, Reifung und Lagerung entstehen, abhängen.

Präzipitaten auf und in  Rohschinken  Präzipitaten auf und in Rohschinken1

 

Wirtschaftliche Bedeutung:

Der fleischverarbeitende Sektor gehört mit einem Jahresumsatz von € 44,5 Md. (2021) zu den wichtigsten Zweigen der deutschen Lebensmittelindustrie. Im Bereich der Fleischwaren sind insbesondere fermentierte und getrocknete Produkte, wie Salami und Rohschinken, beliebt, allein im Jahr 2020 wurden pro Kopf 27 kg Fleisch- und Wurstwaren verzehrt; davon entfielen auf Rohschinken als hochpreisigem Produkt ca. 2 kg.
Präzipitate auf und in Rohschinken führen zu erheblichen finanziellen Verlusten für die Hersteller, da Verbraucher die betroffenen Produkte reklamieren bzw. kein zweites Mal erwerben. Besonders vonOberflächenfilmen betroffen sind stark getrocknete luftgereifte Rohschinken, aber auch Rindfleischprodukte, wie „Beef Jerky“ oder Bündner Fleisch. Bei ca. 2 – 3 % der produzierten Rohschinken treten regelmäßig Oberflächenfilme auf, was angesichts der kosten- und zeitintensiven Herstellungsweise und der hohen Wertschöpfung bei diesen Produkten zu erheblichen finanziellen Schäden insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) führt. Angesichts des steigenden Anteils von Rohschinken im Segment der Wurstwaren sind qualitative Verbesserungen und eine Reduzierung von Reklamationen deshalb von hoher wirtschaftlicher Bedeutung insbesondere für KMU.

 

Tabelle_Präzipitaten_Rohschinken

 

Weiteres Informationsmaterial:

Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e.V. (DIL)
Prof.-von-Klitzing-Straße 7, 49610 Quakenbrück
Tel.: +49 5431 183-232
Fax: +49 5431 183-200
E-Mail: v.heinz@dil-ev.de


Universität Hohenheim
Institut für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie
FG Lebensmittelmaterialwissenschaften
Garbenstraße 25, 70599 Stuttgart
Tel.: +49 711 459-24415
Fax: +49 711 459-24446
E-Mail: j.weiss@uni-hohenheim.de


Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI)
Godesberger Allee 125, 53175 Bonn
Tel.: +49 228 3079699-0
Fax: +49 228 3079699-9
E-Mail: fei@fei-bonn.de

 

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Über uns

„Unsere Förderergesellschaft zeigt, wie sich kleine Einzelbeiträge zu großen Effekten summieren“ kommentiert Prof. Dr. Wolfgang Branscheid - ehemaliger Institutsleiter des MRI Kulmbach. Wir unterstützen Forschungsprojekte und fördern den Austausch zwischen Wissenschaft und unseren ca. 400 Mitliedern.

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