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Etablierung eines tierschonenden Verfahrens zur chirurgischen Kastration unter Einsatz der dänischen Kombikastrationszange und lokaler Anästhesie beim Saugferkel

unterstützt von der Förderergesellschaft für Fleischforschung

1. Zielsetzung des Forschungsvorhabens

Die Änderung des Tierschutzgesetzes vom 04.07.2013 regelt die Kastration von unter 8 Tage alten Saugferkeln neu und verbietet die Durchführung dieses Eingriffs ohne Betäubung ab dem 01.01.2021. Alternativ darf die Ferkelkastration unter Betäubung innerhalb der 1. Lebenswoche weiterhin durchgeführt werden. Gesetzlich ist der Begriff „Betäubung“ nicht exakt definiert, generell wird unter „Betäubung“ die Verabreichung eines oder mehrerer Medikamente bezeichnet, die das Schmerzempfinden während eines medizinischen Eingriffs herabsetzen. Dies kann systemisch in Form einer Narkose („Allgemeinanästhesie“) erfolgen oder unter ausschließlicher Betäubung einer bestimmten Körperregion wie des vorgesehenen Operationsbereichs („Lokalanästhesie“). Gegen den Einsatz einer Allgemeinanästhesie zum Zweck der Ferkelkastration sprechen tierschutzrelevante Aspekte wie das geringe Alter und Gewicht der Ferkel, was mit fehlender Nüchternheit zum Zeitpunkt des Eingriffs sowie herabgesetztem Reaktions- und schlechtem Eigenwärmebildungsvermögen in der postoperativen Aufwachphase einher geht. Wird die chirurgische Kastration sauber und routiniert durchgeführt, dauert sie erfahrungsgemäß für die Ferkel im Schnitt weniger als 10 Sekunden. Eine Lokalanästhesie erhält das Reaktionsvermögen und ermöglicht den Tieren postoperativ die sofortige Milchaufnahme. Daher ist die Kombination einer guten Kastrationspraxis, bei der den Ferkeln kurzzeitig ein nur minimales Gewebetrauma zugefügt wird, mit einer schonend verabreichten Lokalanästhesie das Ziel.

Ziel dieser Untersuchung ist, künftig ein sicheres Verfahren zur chirurgischen Kastration anzubieten, bei der die Saugferkel eine nebenwirkungsarme Anästhesie mit möglichst wenigen Einzelinjektionen erhalten. Hierzu werden pro Ferkel entweder zwei intracavale Injektionen gesetzt oder ein topisches Lokalanästhetikum verabreicht. Um das Verfahren so tierschonend wie möglich zu gestalten, werden die Injektionen mit kurzen (8-10 mm), kleinkalibrigen Kanülen (0,4-0,5 mm) gesetzt. Weitere als „schmerzhaft“ bekannte Teilschritte des Eingriffs, neben den Hautschnitten vor allem der Zug am Samenstrang beim Vorlagern und das Absetzen der Hoden, werden auch durch den Einsatz einer Kastrationskombizange (Fa. Kruuse, DK) vermieden. Mit etwas Routine sowie guter Lagerung und Fixation der Ferkel reichen 5-6 Sekunden pro Tier für den Eingriff, was auch die Trennungszeit zwischen Sau und Ferkeln deutlich gegenüber beispielsweise der Kastration während einer Allgemeinanästhesie verkürzt und folglich ein Plus an Tierwohl bedeuten würde.

In Phase 1 wird eine klinische Studie zur Beurteilung der Wirksamkeit einer intracavalen Injektion von Pronestesic® (Procainhydrochlorid 4% + Sperrkörper), während der Kastration von 3-6 Tage alten Saugferkeln mit einer Kombination aus klinischen Parametern der Schmerzbeurteilung durchgeführt.

In Phase 2 folgt eine klinische Studie zur Beurteilung der Praktikabilität einer Anwendung von Pronestesic® zur Schmerzausschaltung während der Kastration von 3-6 Tage alten Saugferkeln durchgeführt durch den Landwirt nach entsprechender Schulung.

 

Das Herausnehmen der Ferkel aus dem Wurf wird besonders tiergerecht durchgeführt.

                                                                                                                                                                                                                                                    Abbildung1: Laut GRANDIN (2015) wirkt die breite Auflage von Bauch und Flanken bzw. Rücken und Flanken beruhigend auf die Ferkel und vermeidet heftige Abwehrbewegungen sowie laute Angstschreie.
 
                                                                                                                                                                                                                                         Abbildung 2: Zur Verabreichung der lokalen Betäubung werden die Ferkel mit dem Kopf nach unten in einer Hand fixiert. Dabei werden die Hoden mit dem 4. oder 5. Finger leicht hoch zum Anus verschoben. Die Injektionen erfolgen jeweils rechts und links der Hodensacknaht (·) in Rich-tung kopf/bauchwärts (cranioventral). Der Kanülendurchmesser sollte 0,2-0,8 mm, die -länge ca. 5-8 mm sein.
 
                                                                                                                                                                                                                                       Abbildung 3: Absetzen des Hoden mittels dänischer Kastrationszange. Der Samenstrang wird in die Öffnung der Skalpellschiene zwischen Hoden und Oberschenkel eingefädelt. Dann wird der Samenstrang mit einer streichenden Handbewegung durch die Schiene gezogen und durchtrennt.
 
                                                                                                                                                                                                                                                     Abbildung 4: Eine abschließende Wundversorgung sollte ausschließlich mit einer nichtreizenden Jodlösung durchgeführt werden, die einen adstringierenden Effekt auf die Gefäße hat.

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Über uns

„Unsere Förderergesellschaft zeigt, wie sich kleine Einzelbeiträge zu großen Effekten summieren“ kommentiert Prof. Dr. Wolfgang Branscheid - ehemaliger Institutsleiter des MRI Kulmbach. Wir unterstützen Forschungsprojekte und fördern den Austausch zwischen Wissenschaft und unseren ca. 300 Mitgliedern.

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